Am gestrigen Mittwoch, den 10. Juli, fand auf Initiative des Fachschaftsrates die erste Hora Academica statt. In seinem Vortrag „Zölibat und Missbrauch? Dogmatische Überlegungen zu unheilvollen Verquickungen“ stellte Prof. Dr. Georg Essen dar, welche Entwicklungen das Priesterbild im Mittelalter und im 19. Jahrhundert genommen hat – und wie diese Entwicklungen heute noch nachwirken.
Prof. Essen stellte einleitend klar, dass es zwar keinen monokausalen Zusammenhang zwischen Zölibat und sexualisierter Gewalt gebe. Vielmehr handele es sich dabei um ein individuelles sexual-psychologisches Phänomen.
Der Vortrag machte aber in eindrücklicher Weise deutlich, dass seit dem Mittelalter – eng zusammenhängend mit der steigenden Eucharistie- und Schaufrömmigkeit – eine zunehmende Sakralisierung des Priesterbildes erkennbar ist. Diese Sakralisierung wird im 19. Jahrhundert im Zuge des katholischen Antimodernismus zugespitzt und politisiert. Festzustellen ist demnach auf der systemischen Ebene eine fortschreitende Entkopplung zwischen Priesteramt/Klerus und Kirchenvolk/Laien, die – unablässig der Bemühungen des Zweiten Vatikanischen Konzils – noch bis heute nachwirkt.
Die sich im Anschluss an den Vortrag bietende Diskussionsmöglichkeit wurde von den Teilnehmer*innen rege genutzt.